Manager tanken Kraft für den Alltag- Burn-out-Prophylaxe im Eifeler Busch

Artikel im Kölner-Stadt-Anzeiger von 18.06.2008

Dahlem. - Aus dem Buchenwald neben der Wildnisschule von Uwe Belz, die auf dem ehemaligen Schießplatz oberhalb von Dahlem untergebracht ist, tönt freudiges Kindergeschrei. Die dritte Klasse einer Grundschule aus Merzenich ist in die Eifel gekommen, um einen richtigen Abenteuertag zu erleben.

Am Vormittag bauen die Kinder zunächst aus Ästen und Laub Überlebenshütten. „Das ist viel besser als Schule“, meint ein neunjähriger Lausbub, dem die ungewohnte Beschäftigung sichtlich Spaß macht. Aber auch die Mädchen sind voller Freude dabei. Sie wollen unbedingt vor ihrer selbst gebauten Unterkunft fotografiert werden.

 

Eifeler Busch

Torsten Tomski demonstriert, wie die Steinzeitmenschen einen Speer geschleudert haben. (Bild: Puderbach)

Nach Auskunft des Lehrers waren die meisten Kinder seiner Klasse vorher noch nie im Wald. Anfangs trauten sich manche von ihnen noch nicht einmal, ihre Rucksäcke auf der Erde abzustellen. Und es dauerte einige Zeit, bis sich die Kinder wagten, Laub und Stöcke mit den bloßen Händen anzufassen. Doch nach einer Stunde hat sogar eine kleine, fast ganz in Pink gekleidete Schönheit ihre anfänglichen Hemmungen abgelegt. „Die Tiere jucken“, so die einzige Klage, die man von den Schülern vernimmt.

 

Solche Reaktionen kennt Uwe Belz seit mittlerweile zehn Jahren. Vor der Gründung der Wildnisschule Eifel im Jahre 1998 hatte er dreieinhalb Jahre lang eine Ausbildung bei Tom Brown, dem Vater der Outdoor-Bewegung in den USA, absolviert. Brown wiederum war zehn Jahre lang bei „Sitting Wolf“, einem Apachen-Indianer, in Ausbildung. „Bei Tom Brown habe ich das Leben in Harmonie mit der Natur gelernt“, so Belz. Diese indianische Philosophie - kurz: „Man nimmt nur so viel, wie man braucht“ - stehe im Gegensatz zu den heutigen Survival-Abenteuern, bei denen der „Kampf gegen die Natur“ eine wichtige Rolle spiele. Nach seiner Ausbildung lebte Belz dann ein Jahr lang in einem Wildnisgebiet in New Jersey, wo er das Gelernte in der freien Natur umsetzte.

 

Als Belz anschließend nach Deutschland zurückkehrte, suchte er einen Ort, um eine Wildnisschule zu gründen. Da er seit seiner Kindheit - Belz wurde in Etzweiler bei Kerpen geboren - die Eifel gut kannte, wurde er dort heimig. „Es hätte auch irgendwo in Europa sein können, aber die Eifel hatte echt die besten Voraussetzungen für ein solches Projekt.“ Die ersten zwei Jahre war die Wildnisschule im Wildfreigehege in Hellenthal untergebracht. „Karl Fischer hat uns mit offenen Armen aufgenommen“, so Belz. Doch nachdem der Leiter der Greifvogelstation die Einrichtung „mit einer Lautsprecheranlage aufgerüstet“ hatte, zog die Wildnisschule in das Forsthaus an der Oleftalsperre um.

 

Ein Jahr später kam der nächste Standortwechsel. Der Schießplatz bei Dahlem wurde aufgegeben, und das 3,5 Hektar große Gelände bot sich als dauerhafte Heimat für die Wildnisschule geradezu an. „Wir haben hier über 300 Bäume gepflanzt und den kompletten Boden ausgetauscht“, so der heute 42-jährige Belz. 30 Jahre Schießplatz-Betrieb hatten den Boden mit Blei verseucht.

 

Mittlerweile ist die Anlage zu einem Refugium für viele Tiere geworden. Hasen, Rehe, Füchse und Dachse leben im direkten Umfeld. Der Wildnisschule kommt das gelegen: So haben die Kursteilnehmer genügend „Anschauungsmaterial“ zum Spurenlesen.

 

„Im Laufe der zehn Jahre hat die Umweltbildung einen enormen Aufschwung genommen“, berichtet Belz. Außerdem seien die Deutschen ein naturnahes Volk, das bei der Ökologie führend in der Welt sei. Von dieser Entwicklung profitierte auch die Wildnisschule. Neben Uwe Belz und seiner Ehefrau Vera Schröder-Belz gehören mittlerweile Torsten Tomski und Hubertus Hilgers zum Führungsteam. Außerdem sind noch mehrere Referenten für die Wildnisschule im Einsatz.

 

„Bei uns lernen jedes Jahr rund 2000 Schüler sowie etwa 250 Erwachsene, wie man ein Feuer mit Steinen entfacht, mit dem Bogen schießt oder einen Speer schleudert“, so Belz und seine Kollegen. Hinzu kommen noch rund einhundert Kurse, die die Wildnisschule in Jugendherbergen in der Eifel anbietet.

 

Im Laufe der Jahre hat sich das Angebot gewandelt. Anfangs standen ausschließlich indianische Techniken auf dem Programm, mittlerweile ist auch die Steinzeit ein großes Thema. „Wir haben versucht, Parallelen zwischen der indianischen Kultur und der unserer Vorfahren zu finden“, so Belz. Steinzeit, Mammuts und Dinosaurier - all diese Themen seien bei Kindern angesagt.

 

In Zukunft sollen auch mehr Unternehmen und Führungskräfte von den Kenntnissen der Wildnisschule profitieren. Neu im Angebot ist zum Beispiel ein Kursus unter dem Motto „Burn-out-Prophylaxe“. Man könne bei einem Wochenende in der Wildnis „wieder Kraft tanken und entspannt in den Alltag zurückkehren“, so Belz.

 

Wer Interesse an der Wildnisschule hat, kann sich am Sonntag, 29. Juni, selbst ein Bild von der Einrichtung machen. Aus Anlass des zehnjährigen Bestehens findet von 10 bis 18 Uhr ein Tag der offenen Tür statt.

 

Link zum Originalartikel: http://www.ksta.de/region/manager-tanken-kraft-fuer-den-alltag-burn-out-prophylaxe-im-eifeler-busch,15189102,13171970.html